Grosse PC-Hersteller sind Margenkiller

Der Schweizer PC-Markt wird zu 75% von fünf grossen Herstellern dominiert. Im Business-Bereich lieferte HP 2008 am meisten Desktops und Notebooks aus. Im Gesamtmarkt 2008 verkaufte HP doppelt so viele PCs wie Verlierer Dell. Der Preisdruck hat an Dramatik gewonnen und schlägt sich trotz Stückzahlen-Wachstum in tieferen Umsätzen nieder.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2009/03

     

Mit einem ersten Einblick ins Weissbuch 2009 hat Robert Weiss, Schweizer Marktforscher und Berater, die Statistiken zum nationalen ICT-Markt 2008 vorgestellt. Darin ist der PC-Markt an eine Grenze gestossen: Der Umsatz ist um 1,9% auf 1,962 Mrd. Franken geschrumpft, obwohl die ausgelieferten Stückzahlen um 15,1% auf 1,72 Millionen PCs gestiegen sind. Der Umsatzrückgang ist den Business-Notebooks (minus 42 Mio. Franken Umsatz) und Consumer-Desktops (minus 80 Mio. Franken) anzurechnen. Die Durchschnittspreise für Desktops (Consumer und Business) sind innerhalb eines Jahres von 1162 auf 1052 Franken gesunken, bei Notebooks sogar noch stärker: von 1490 auf 1205 Franken.
In allen Bereichen sind die Preise gefallen. Ein durchschnittliches Business-Notebook kostete letztes Jahr noch 1398 Franken (-19,2%), ein Business-Desktop noch 1066 Franken (-4,4%). Die Business-Desktops waren bereits 2007 mit dem Durchschnitts­preis von 1115 Franken auf einem tiefen Niveau. Doch ein Business-Notebook ist innerhalb eines Jahres um fast 300 Franken billiger geworden. Dazu beigetragen hat einerseits der massive Preiszerfall bei Speichermedien wie Festplatten und Arbeitsspeichern, deren Preise sich teilweise mehr als halbierten, andererseits der Kampf um Marktanteile der verschiedenen Hersteller, Anbieter und Zulieferer. «In kaum einem andern Land in Europa kommt man vergleichsweise günstiger an PC-Hardware wie in der Schweiz», sagt Weiss. Die billigen Netbooks sind separat erfasst, um die Statistik nicht zu verfälschen.

Stückzahlen steigen

Wie der Gesamtmarkt hat auch der Business-Markt an Stückzahlen zugelegt. Nach einem leichten 2%-Rückgang 2007, als Notebooks in der Nachfrage stiegen und Desktops sanken, wurden 2008 in beiden Kategorien rund 13% mehr Business-Rechner ausgeliefert. Die Desktops legten 12,3% zu auf 492'000 Stück; 13% mehr auf 464'000 erhöhte sich die Nachfrage nach Notebooks. Im Business-Bereich ist die Übermacht von Notebooks gegenüber den Desktops noch nicht eingetroffen. Dies ist dem Preisleistungsverhältnis zuzuschreiben, das auch in Zukunft dafür sorgen wird, dass Unternehmen eher zum unportablen Arbeitsgerät im Büro greifen, anstatt den grenzenlosen Versprechungen der Mobilitätsbefürworter anheim zu fallen - denn am Ende zählt primär die beste Leistung zu einem möglichst tiefen, dem Budget entsprechenden Preis. Auch einen Einfluss hat die Tatsache, dass bei Business-Rechnern besonders hohe Taktraten bei Prozessoren gefragt sind. Notebooks können die gleiche Leistung entweder gar nicht liefern oder sind ungleich teurer. Wie Roland Brack, Eigentümer von Brack Electronics, sagt, sind die Preise für Bildschirme so stark gesunken, dass man lieber zum Desktop mit einem 22 bis 24 Zoll grossen Bildschirm greift, als zu einem Notebook in der gleichen Budgetkategorie, aber mit kleinerem Bildschirm - einer weit weniger ergonomischen Lösung als erstere.

Umsätze sinken mit Notebook-Preis

Dank des 2008 eher stabilen Durchschnittspreises und erhöhter Nachfrage für Business-Desktops sind die Umsätze um 7,4% auf 524 Mio. Franken gestiegen, nachdem 2007 noch ein Umsatz-Rückgang von 14% diesen Bereich belastete. Der Preiszerfall der umsatzstärkeren Business-Notebooks führte zu 6,1% Rückgang des Umsatzes (bei 13% Stückzahlen-Wachstum) auf 649 Mio. Franken. 42 Mio. Franken gab dieser Markt ab. Insgesamt führte die Entwicklung zu einem Gesamtumsatz-Wachstum im Business-Bereich von 6 Mio. Franken oder 0,5% auf 1,173 Mrd. Franken. 2007 betrug der Umsatzrückgang 11,5%.

HP lässt Dell weit hinter sich

Das deutsch-japanische Joint-Venture Fujitsu Siemens Computers (FSC) sticht als Negativbeispiel für den Gesamtmarkt aus der Rangliste heraus. FSC hat als einziger Hersteller der Top-10-Liste weniger Notebooks als 2007 verkauft. Dies verdeutlicht die Teilschuld der PC-Hersteller am Preiszerfall, da sich FSC erklärtermassen keine Marktanteile erkaufen wollte: Denn im Business-Bereich legte Fujitsu Siemens an Umsatz zu, wobei es sich dabei um den schweizweit kleineren Teil von FSC handelt.

Die Führung bei den Business-Notebooks konnte HP gegen Dell verteidigen. HP kam auf 119'142 Geräte und erhöhte den Marktanteil gegenüber 2007 um 2% auf 25,7%. HP lieferte 2008 fast 23’000 Notebooks mehr aus als 2007. Dell hingegen konnte 10’000 weniger absetzen und verlor mit rund 83'000 Stück fast 5% Marktanteil. Mit rund 26% Marktanteil (HP) gegen 18% (Dell) haben sich die Konkurrenten klarer getrennt als noch 2007, als sie nur 1% unterschied.


Dynamischer Verfolger der beiden Führenden ist Lenovo. Mit rund 30% Stückzahlen-Wachstum gegenüber dem Vorjahr auf 77'000 Stück nähern sich die chinesischen Aufsteiger dem ehemaligen Platzhirschen Dell auf 5000 Einheiten. Auf Rang 4 hat sich Acer geschoben und damit Apple im Wachstum noch übertroffen. Acer konnte die Auslieferungen fast verdoppeln auf über 65'000 Business-Notebooks (+84,6%). Apple erhöhte um 22% oder 10'000 auf 51'000 Stück. Die erwähnten Top 5 im Bereich Business-Notebooks kommen zusammen auf 85,4% Marktanteil. Toshiba auf Rang 6 hat mit 27'000 Geräten nur halb so viel ausgeliefert wie Apple, FSC auf Rang 7 mit 16'000 fast halb so viel wie Toshiba. Asus kommt noch auf rund 13'000 Stück. Neu in die Top 10 hat es Littlebit geschafft, Sony (2007 mit 9500 Stück auf Rang 9) ist rausgeflogen und Belinea (Ex-Maxdata) konnte sich gerade noch auf Platz 10 halten. Die kurzfristigen Lieferschwierigkeiten im Rahmen der Maxdata-Insolvenz haben zu einem Auslieferungsrückgang von fast 40% geführt.

Desktops dominiert von HP

Bei den Business-Desktops dominieren HP und Dell den Markt mit gemeinsam 68,2% Marktanteil - als einzige Hersteller mit zweistelligen Anteilen. HP baute die Führung nochmals kräftig aus mit einer Zunahme von 40% auf rund 232'000 Stück. Das entspricht 65'000 mehr als 2007. Dell lieferte rund 10'000 Geräte weniger aus und verkaufte noch 103'000 Business-Desktops. HP dominiert den Bereich mit 47,2% Marktanteil bald im Alleingang. HP scheint noch der einzige grosse Hersteller zu sein, der drei der wichtigsten Erfolgsfaktoren im Schweizer Markt vereint und nicht einen oder mehrere davon stiefmütterlich behandelt: Die Amerikaner sind breit genug im Vertrieb aufgestellt, bieten neben einer grossen Konfigurations-Auswahl an leistungsfähigen Desktops und Workstations auch verschiedene, kleinere Modelle mit ähnlicher Konfigurationsvielfalt und können trotzdem die lokalen Hersteller im Preis unterbieten. 2008 verloren neben Dell auch FSC, Acer und Belinea an Stückzahlen im Bereich der Business-Desktops. (Marco Rohner)


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