Telcos buhlen um den Channel


Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2011/05

     

Swiss IT Reseller: Darf ich Sie bitten, sich kurz vorzustellen?
Ekrem Köylüer: Mein Name ist Ekrem Köy­lüer, und ich bin seit 2002 für UPC Cablecom tätig. Zu Beginn meiner nun beinahe zehnjährigen Karriere bei UPC Cablecom war ich Teil des Projektteams Voice, welches für die Einführung von Digital Phone verantwortlich war. Danach arbeitete ich im Wholesale-Geschäft, bevor ich in den Verkauf wechselte, wo ich nach drei Jahren die Führung des Verkaufs­kanals übernahm. Heute bin ich für den Absatzkanal Wholesale sowie den Partnerchannel verantwortlich. In dieser Position versuche ich als neutrale Instanz die Interessen beider Abteilungen zu wahren. Ich bin Geschäfts­leitungsmitglied von UPC Cablecom Business und rapportiere direkt an Marco Quinter, Managing Director von UPC Cablecom Business.

Marius Gross: Mein Name ist Marius Gross, ich leite im Bereich KMU bei Swisscom das Partner-Management und bin zudem für das Channel Development verantwortlich. Ich habe 15 Jahre Telekommunikationserfahrung, welche ich mir bei verschiedenen Stationen innerhalb von Swisscom angeeignet habe, angefangen beim Bereich Networkservices, über verschiedene Marketing- und Verkaufsfunk­tionen. Seit fünf Jahren bin ich nun im KMU-Umfeld im Bereich Partner-Management tätig.


Roberto Amato: Mein Name lautet Roberto Amato, und ich bin seit rund einem Jahr bei Sunrise – heute Business Sunrise. Ich bin Mitglied der Geschäftsleitung Business Sunrise und leite einen der beiden indirekten Vertriebskanäle des Unternehmens – nämlich den Bereich Business Solution Channel. Ich darf auf eine rund 20-Jährige Erfahrung im Telekommunikationsmarkt zurückblicken und war selbst langjähriger Integrationspartner – nicht nur von Sunrise, sondern von verschiedensten Providern. Ich bin zu Business Sunrise gekommen mit der Aufgabe, den Solutions Channel, der sich primär um System- und Netzwerk-Integratoren kümmert, wieder auf Vordermann zu bringen und zu Wachstum zu führen. Ich rapportiere direkt an Jon Erni, Leiter Business Sunrise und Mitglied der Sunrise-Geschäftsleitung.
Wie wichtig ist für Ihr Unternehmen der Channel, wie viel wird via Channel abgesetzt, und welche Produkte werden primär via Channel an den Mann gebracht?
Marius Gross: Swisscom zählt schweizweit rund 4000 Partner mit unterschiedlichen Hintergründen. Die meisten stammen aus dem Telefonie- und Installations-Bereich, rund 20 Prozent sind im IT-Umfeld tätig. Da Swisscom bekanntlich alle Bereiche abdeckt – von Privatkunden über KMU bis hin zu Grossunternehmen – ist unsere Channel-Struktur betreffend Marktbearbeitung sehr heterogen. Für den KMU-Bereich, für welchen ich tätig bin, aber auch im Privatkunden-Umfeld sind unsere Partner ein wichtiger Bestandteil. Unsere Partner haben die Möglichkeit, alle unsere Produkte von uns zu beziehen und vertreiben für uns unser komplettes Portfolio. Entsprechend können sie auch im Wertschöpfungsprozess des jeweiligen Produkts unterschiedliche Leistungen erbringen. Im Segment Privatkunden werden primär Mobile-Produkte über den Partner vertrieben. Aber auch die Breitband- und TV-Angebote, sowie die spezifischen Produktpakete spielen eine grosse Rolle. Im KMU-Umfeld lauten die Themen Access – sprich analoge und ISDN-Anschlüsse – sowie Breitbandanschlüsse und Kommunikationsanlagen (PBX). Stark im Aufwärtstrend sind zudem Themen rund um Hosting und VoIP. Wir bieten ein breites Sortiment an Lösungen, die der Partner aufgrund seiner Möglichkeiten und Fähigkeiten bei Swisscom beziehen kann.
Roberto Amato: Wie eingangs erwähnt, verfügt Business Sunrise über zwei indirekte Vertriebskanäle, wobei aktuell der Vertrieb des Standard-Geschäfts über klassische Business-Sales-Partner noch den grösseren Teil bezüglich des Partner-Volumens ausmacht. Im neuen, ergänzenden Solution-Geschäft zählen wir aktuell etwas mehr als 50 Partner. Dieser Geschäftsbereich umfasst wie gesagt die System- und Netzwerk-Integratoren. In diesem und im nächsten Jahr möchten wir die Zahl der Partner auf rund 100 erweitern. Die Partner bieten den Kunden zusammen mit uns nicht nur einzelne Services, sondern massgeschneiderte Business-Gesamtlösungen an. Diese bestehen aus Telefonie-, IT- und Access-Lösungen. Heute ist der Anteil des Direktverkaufs bei Business Sunrise höher als der Channel-Anteil. Doch wir verfolgen das Ziel, einen zweistelligen Marktanteil zu erreichen, und das dazu nötige Wachstum wollen wir primär via Partner bewerkstelligen. Dazu setzen wir auf loyale, langfristige Partnerschaften.


Ekrem Köylüer: Bei UPC Cablecom sind wir im Prinzip genau den umgekehrten Weg gegangen, den Sunrise gewählt hat. Wir haben vor acht Jahren zuerst im Solutions-Bereich unsere Lösungen via Partner angeboten. Diese etablierten Partner ermöglichten uns den weiteren Ausbau unseres Geschäftes, da sie wichtige Kunden von UPC Cablecom Business überzeugten und wir diese als Kunden gewinnen konnten. SOHO-Angebote (Small Offices, Home Offices) über den Partnerchannel bieten wir nun seit etwas über einem Jahr an. Seit wir auch diesen Kanal nutzen, hat sich unsere Partnerzahl auf mehr als 400 verdoppelt. Der SOHO-Bereich ist für uns ein wichtiger Zukunftsmarkt, da Schweizer Kleinunternehmen in den seltensten Fällen über eine eigene IT-Abteilung verfügen und sich deshalb gerne auf einen verlässlichen Partner verlassen. Entsprechend kümmert sich der zuständige externe IT-Partner um die Informatik. Dieser kommt in der Regel auf UPC Cablecom zu und bezieht Dienstleistungen von uns. Über diesen Kanal verkaufen wir unser gesamtes Portfolio an Business-Produkten – abgesehen von denjenigen im Bereich Wholesale.
Was bietet Ihr Unternehmen den Channel-Partnern, und wie differenzieren Sie sich von den Konkurrenten, die hier mit am Tisch sitzen?
Ekrem Köylüer: Wir differenzieren uns vor allem durch unser Produkt Fiber Power. Wir sind das einzige Unternehmen, das schweizweit und flächendeckend Bandbreiten mit 100/7 Mbps anbieten kann. Hier spüren wir eine enorme Nachfrage seitens der SOHO-Partner. Wegen diesem Produkt sind viele neue Partner auf uns zugekommen. Es ist heute nun bereits bei 160'000 SOHO-Unternehmen in der Schweiz verfügbar. Doch unsere Leistungsgrenze ist noch nicht erreicht: Wir haben im Februar Daten mit einer Geschwindigkeit von 1,4 Gigabit pro Sekunde durch ein Koaxial­kabel gejagt und damit gezeigt, wie viel über das bestehende Kabelnetz möglich ist. Für gewisse Segmente haben wir zudem bereits ein Profil mit einer Bandbreite von 400/28 Mbps lanciert.
Daneben spielt die SIP-Telefonie bei uns heute eine grosse Rolle. Wir zertifizieren laufend neue Telefonanlagen und versuchen, unsere Kunden und Partner mit individuellen Telefonielösungen zu unterstützen. Ist der Partner beispielsweise ein Integrator, muss ihm für seine Telefonanlage eine Anbindung offeriert werden. Kleinunternehmen wiederum wünschen sich so eher virtuelle oder gehostete Lösungen. Diese Vielfalt in Kombination mit unseren Bandbreiten anbieten zu können, macht uns sicher einzigartig.
Das Hauptdifferenzierungsmerkmal von UPC Cablecom ist also die Bandbreite, die man bieten kann?
Ekrem Köylüer: Im SOHO-Bereich ja. Im Bereich Enterprise spielen andere Faktoren eine Rolle: Die Lösung, die man dem Kunden anbieten kann, die Pflege der Partnerschaft mit Kunden wie auch mit Partnern oder etwa die langfristige gute Zusammenarbeit sind nur einige Beispiele.


Was hat Swisscom dem entgegenzusetzen? Bezüglich Bandbreite ist man ja begrenzt.
Marius Gross: Wir sind keinesfalls begrenzt. Mit dem Ausbau unseres Glasfaser-Netzes eröffnen sich uns hier gewaltige Möglichkeiten. Zurzeit ist es halt so, dass das Glasfasernetz noch nicht überall verfügbar ist. Unsere Partner sind übrigens in diesen Auf- und Ausbau involviert. Bereits gibt es auch im KMU-Bereich erste Angebote auf Glasfaser-Basis. Meiner Meinung nach ist Swisscom aber einmalig dadurch, dass die Partner unser ganzes Portfolio anbieten können. Grundsätzlich können unsere Partner – mit ein paar Einschränkungen, etwa rund um die Preisplan-Thematik – alles bei uns beziehen, was in den Segmenten Privatkunden und KMU angeboten wird. Der Partner bekommt von uns sowohl monetäre wie auch nicht monetäre Leistungen, wie zum Beispiel die Nutzung von Produkten für den Eigenbedarf, dedizierte Betreuung und Support. Der Partner erhält sowohl eine Abgeltung für jeden gemachten Vertragsabschluss, wie auch für den Service und Support bei einigen Produkten beim Kunden. Da ich überzeugt bin, dass ein Partner nicht unbedingt mit mehreren Anbietern zusammenarbeiten möchte, ist es unser Ziel, zusammen mit dem Partner Gesamtlösungen zu entwickeln und dem Partner alles aus einer Hand anzubieten. Gleichzeitig wollen wir unsere Partner auch motivieren, dem Kunden ebenfalls alles aus einer Hand anzubieten, denn auch der Kunde schätzt das.
Wie fest schmerzt es UPC Cablecom, dass man nicht alles aus einer Hand anbieten kann, weil der Mobile-Bereich fehlt?
Ekrem Köylüer:Der Mobile-Bereich ist immer wieder ein Thema, vor allem bei Kunden, die Telefonie möchten. Die Einführung eines Mobile-Angebots benötigt allerdings seine Zeit. Weitere Informationen kann ich Ihnen im Moment dazu noch nicht mitteilen.


Sunrise will Partner gewinnen, wie wir vorher gehört haben. Entsprechend muss Sunrise etwas bieten. Was wäre das?
Roberto Amato: Als grösster privater Full-Service-Provider der Schweiz ist es unser Ziel, im Partner-Channel eine klare, einfache Struktur aufzubauen. Wir wollen dem Partner nicht einfach Produkte zum Wiederverkauf offerieren, sondern mit ihm den Kundenbedarf aufnehmen und dann gemeinsam massgeschneiderte Lösungen anbieten. Unser Ziel ist es, gemeinsam mit dem Business Solution Partner den gesamten Telekommunikationsbedarf unserer Geschäftskunden abzudecken. Unsere Stärke liegt in der schlank aufgestellten Organisation und damit verbundenen Kostenstruktur, der Flexibilität und der notwendigen Geschwindigkeit. Erwähnen möchte ich zudem auch, dass wir allen Geschäftskunden – auch den kleinsten Kunden – eine dedizierte Betreuung bieten. Alle unsere Geschäftskunden haben also immer ihren festen Ansprechpartner bei Business Sunrise.
Können UPC Cablecom und Swisscom das nicht bieten?
Ekrem Köylüer: Wir bieten dies ebenfalls in dieser Form an.
Marius Gross: Bei uns ist es so, dass der Kunde einen Zugang über eine dedizierte Kunden-Hotline hat. Ab einer bestimmten Grösse hat er auch eine persönliche Ansprechperson. Da wir nicht all unseren 300'000 KMU Kunden eine persönliche Ansprechperson bieten können, verfolgen wir einen differenzierten Ansatz. Genau deshalb sind für uns die Partner so wichtig, da wir in dieser Breite, in der wir uns bewegen, die nötige Nähe zum Kunden nur dank unserem Multi-Channel-Ansatz schaffen können.
Herr Amato, wenn Sie sagen, dass es darum geht, Gesamtlösungen zu entwickeln, kann es dann auch sein, dass Sie im Rahmen dieser Lösungen auch Konkurrenzprodukte verkaufen?
Roberto Amato: Konkurrenzprodukte nicht unbedingt. Es geht eher darum, dass auf Bedarf von grösseren Kunden Produkte neu entwickelt wurden, und diese Produkte dann Einzug ins Portfolio von Business Sunrise gefunden haben. Wir verfolgen mit dem Kunden das Prinzip der so genannten «grünen Wiese». Das heisst, dass wir mit dem Partner nicht einfach zum Kunden gehen und ihm das verkaufen, was wir im Portfolio führen, sondern seinen Bedarf genau eruieren, um dann eine Gesamtlösung anzubieten. Ein wichtiger Punkt hierbei ist, dass wir in unserem Team im Bereich Solution Channel über Mitarbeiter verfügen, die auf eine langjährige Channel-Erfahrung zurückblicken können. Das zahlt sich aus, denn unsere Partner sind zufrieden mit uns, weil wir genau wissen, was sie wollen und brauchen.


Von Swisscom haben wir vorhin gehört, dass man alles aus einer Hand anbieten könne. Kann Sunrise das auch, oder gibt es Unterscheidungsmerkmale?
Roberto Amato: Ich denke, es gibt überall Unterscheidungsmerkmale. Das Ziel beider Unternehmen sind Gesamtlösungen. Sämtliche Produkte einander gegenüberzustellen, ist jedoch schwierig. Doch Business Sunrise kann sowohl einem KMU wie einem Grosskunden sicher ebenfalls sämtliche Produkte und Lösungen bieten, die gebraucht werden.
Marius Gross: Ich glaube, Herr Amato hat den entscheidenden Punkt angesprochen. Es geht darum, den Kunden im Kontext seines Geschäfts zu verstehen. Das ist die grosse Herausforderung und zugleich die Aufgabe, die bei Swisscom sowohl die eigenen Kanäle wie auch der Partner beherrschen müssen.

Wie weit geht die Zusammenarbeit unter Ihnen wenn es darum geht, dass ein Partner seinem Kunden Produkte von verschiedenen Providern anbietet – beispielsweise zu einem Anschluss von UPC Cablecom noch eine Mobile-Lösung braucht?
Ekrem Köylüer: Bei uns gibt es diesbezüglich keine Vorbehalte. Bei Grossprojekten arbeiten wir immer wieder mit Swisscom, Sunrise und Orange zusammen. Am Schluss muss es darum gehen, den Kunden zufriedenzustellen, und wenn der Wunsch des Kunden eine Zusammenarbeit erfordert, wird das so durchgeführt.


Marius Gross: Das kann ich nur bestätigen. Der Partner hat hier eine Drehschreibenfunktion. Er orchestriert ein Projekt beim Kunden, und stellt dazu die Elemente zusammen, die er benö­tigt. So findet eine Zusammenarbeit automatisch statt.
Gibt es in diesem Zusammenhang denn keine exklusiven Abkommen mit Partnern?
Ekrem Köylüer: Bei uns praktisch nicht. Exklusive Partnerschaften gibt es höchstens durch persönliche Beziehungen, nämlich dann, wenn der Partner mit der Zusammenarbeit so zufrieden ist, dass er zuerst bei uns eine Lösung sucht, bevor er die Lösungen der Konkurrenz in Betracht zieht. Im Partnergeschäft läuft nach wie vor viel über persönliche Kontakte und Beziehungen, die man aufgebaut hat.

Marius Gross: Bestandteil unserer Verträge mit den Partnern ist, dass diese auch unsere Einzelprodukte oder Gesamtlösungen anbieten sollen. Jedoch gibt es keine Exklusivklauseln, welche die Zusammenarbeit mit anderen Providern ausschliessen würde.


Ekrem Köylüer: Ich denke, die Partner würden den Provider als unglaubwürdig ansehen und sich die Frage stellen, was ein Provider zu befürchten hat, wenn er auf diese Exklusivität pocht.

Roberto Amato: Es ist vielleicht auch noch wichtig zu verstehen, wie die Partner mit uns Providern interagieren. Integratoren beispielsweise sind in keiner Weise auf einen bestimmten Anbieter angewiesen, sondern arbeiten mit demjenigen Anbieter, mit dem es für eine Lösung am meisten Sinn macht. Wir Provider sind für die Integratoren also primär eine Ergänzung für ihr tägliches Geschäft. Bei Resellern hingegen handelt es sich im Prinzip um Verkaufsorganisationen, die von uns Providern leben und entsprechend abhängig sind. Hier findet man eher Exklusivität, aber mehr im Sinne von Partnern, welche durch ehemalige Mitarbeiter einer der Provider mitgegründet worden sind und deshalb aus historischen Gründen dessen Produkte verkaufen. Diese Exklusivität ist aber nirgends vertraglich definiert.
Marius Gross: Das ist genau so. Die Integratoren und ISVs haben bisher ihr Geschäft auch ohne uns drei gemacht. Sie beziehen die Zusatzdienste, die sie zu ihrem Kerngeschäft brauchen – also etwa Connectivity – dort, wo sie die entsprechenden Produkte und den gewünschten Support erhalten und auch das Vertrauen haben.

Roberto Amato: Ich denke, wir sprechen alle denselben Punkt an. Letztlich geht es um Beziehungen und Vertrauen zwischen Provider und Integrator sowie zwischen Integrator und Kunde. Ist dieses Vertrauen gegeben, erleichtert und verstärkt sich auch die Zusammenarbeit. Ich glaube, wir alle auf Providerseite versuchen dies für uns zu nutzen. Und ich persönlich bin überzeugt davon, dass dieses Geschäft so funktioniert. Heute ist der Endkunde überfordert von all den Technologien und Lösungen, die es gibt, weshalb er dem Integrator auch die Verantwortung für das Netz übergibt. Und ebendieser Integrator kommt dann auf uns – oder den Partner seines Vertrauens – zu.
Marius Gross: Das ist so. Kleinere KMU haben in den seltensten Fällen eine IT-Abteilung, weshalb KMU auf die Unterstützung ihrer IT-Partner angewiesen sind. Deshalb ist es gerade für die Integratoren wichtig, dass sie ergänzend zu ihrem Kerngeschäft mit Gesamt­lösungen – beispielsweise auch bezüglich Connectivity – gegenüber dem Kunden professionell auftreten können.

Ekrem Köylüer: Nicht jedes Partnersegment lässt sich über monetäre Anreize ansprechen. Würde man einem Systemintegrator beispielsweise nicht wie bis anhin Geld, sondern nur die Lösung bieten, vermute ich, dass er sich trotzdem für die Lösung entscheiden würde. Denn der Integrator sucht letztlich eine Lösung, die Kommission ist für ihn eher «nice to have».
Wo sehen Sie als Provider Umsatzpotential für Ihre Partner? Wo liegt das Geschäft heute begraben?
Marius Gross: Meiner Meinung nach wird sich auf Seiten der Technologie einiges verändern in den kommenden Jahren. Ein Stichwort ist hier Cloud Computing. Die Cloud wird die heutigen Geschäftsmodelle, wie auch die Wertschöpfungsketten, stark beeinflussen. Swisscom ist sehr nahe an diesem Thema dran, und wir achten bei der Produktentwicklung in diesem Bereich speziell darauf, dass die Wertschöpfung des Partners weiterhin gegeben ist. Wir ziehen die Partner in diesen Prozess auch mit ein. Ich rechne damit, dass das traditionelle On-Premise-Geschäft durch die Cloud starke Veränderungen vor sich hat. Genauso wird sich das Installations- beziehungsweise Inbetriebnahme-Geschäft verändern. Der Wertschöpfungsprozess wird sich verschieben, Faktoren wie Beratung, Engineering, Design, und After-Sales-Support werden künftig viel mehr Bedeutung zukommen. Partner können hier ihre Wertschöpfung massiv entwickeln. Die Frage ist jedoch, wie es um die Zahlungsbereitschaft seitens der Kunden aussieht.


Roberto Amato: Ich kann nur bestätigen, was Herr Gross sagt. Für uns ist hier auch wichtig, dass wir im Rahmen dieser Entwicklung gegenüber dem Partner kompetent und professionell auftreten können. Wir haben dazu eigene Solu­tion-Ingenieure im Team, damit wir eine kompetente Beratung sicherstellen können. Zudem hat der Partner dadurch nicht nur einen Partner-Manager von unserer Seite, sondern auch einen Ingenieur, den er namentlich kennt und der ihn unterstützt.
Ist es so, dass der IT-Bereich das Geschäftsfeld ist, wo Sie Wachstum sehen?
Marius Gross: Wir sehen das so, ja. Wir streben mit Swisscom an, den VoIP- und den Hosting-/Cloud-Bereich breit weiterzuentwickeln. Wir planen jedoch nicht, das ganze Integra­tionsgeschäft für KMU zu machen, denn dieses Business macht der Partner, und darin ist er stark. Mit den neuen Technologien, die wir bereits angesprochen haben, werden sich die Geschäftsmodelle aber zwangsläufig verändern, und hier braucht es neue Ansätze. Diese müssen gemeinsam mit den Partnern allerdings erst noch entwickelt werden.


Swisscom ist aber das einzige Unternehmen an diesem Tisch, das IT-Lösungen anbietet?
Ekrem Köylüer: Im virtuellen Bereich wie etwa bei den Cloud-Lösungen verfügen wir ebenfalls über Lösungen; physikalische IT-Lösungen jedoch bieten wir nicht an. Der Cloud-Bereich ist zudem dasjenige Segment, welches zurzeit grosses Potential hat und wächst. Um weiter zu wachsen, müssen wir mit den Produkten mehr in die Breite und nicht unbedingt in die Tiefe gehen. Der Trend geht von den traditionellen Produkten in Richtung Cloud-Lösungen. Hier können alle Anbieter wachsen.
Roberto Amato: IT-Lösungen sind für uns in erster Linie ein Ergänzungsgeschäft. Wir werden aber mittelfristig auch Produkte und Lösungen in dieser Richtung bringen. Bisher hatten wir bereits diverse Projekte, bei denen Partner-Lösungen und gehostete Lösungen mit unseren Netzen und Datenzentren integriert wurden. Wir sind dabei aber immer bestrebt, nicht in Konkurrenz zu unserem Partner zu stehen, sondern sehen uns als Ergänzung für diesen.

Wie sehen Ihre Pläne im Channel für das laufende Jahr aus?
Ekrem Köylüer: Wir werden die Channel-Betreuung weiter ausbauen und vermehrt in die Cloud gehen. Wir sind bereits heute in der Cloud präsent, und werden das Angebot mit neuen Dienstleistungen weiter ausbauen. Ein weiteres Thema sind zudem die internationalen Leitungen. Dank UPC, unserem euro­päischen Mutterhaus in den Niederlanden, das in zehn europäischen Ländern mit eigenen Local Loops vertreten ist, können wir europaweit eigene Services aus einer Hand anbieten.


Roberto Amato: Nebst den Umsatzbeteiligungen, die es natürlich auch bei uns gibt, unterstützen wir neu auch unsere Solution-Partner in ihren Marketing-Aktivitäten. Beispielsweise können sie zusammen mit uns Auftritte an Messen über die Bühne bringen, oder wir unterstützen sie mit Mailings an die Kunden. Das ist neu für die Integratoren, und das Echo ist sehr positiv.
Ist es nicht üblich, dass die Telcos ihren Channel-Partnern Marketinggelder zur Verfügung stellen?
Roberto Amato: Im Reseller-Kanal ist das seit eh und je üblich, im Solution-Bereich hingegen ist es eher neu.

Marius Gross: Wir helfen unseren Partnern bei ihren Marketing-Aktivitäten, zum Beispiel mit speziellen Partner-Kampagnen und Verkaufshilfsmitteln. Auch unterstützen wir einige Partner mit proaktivem Marketing – das heisst mit Mailings und mit unserem Outbound-Center, um beim potentiellen Kunden nachzufassen. Und wir haben, wie Sunrise auch, eine Solution-Abteilung, welche die Partner bei neuen Themen und komplexeren Projekten als Hilfe beiziehen können. Schliesslich führen wir auch Verkaufskurse und Produktschulungen durch, um die Partner im Verkauf und beim Know-how zu schulen, was sowohl uns und dem Partner hilft. All diese Elemente sollen dem Partner ermöglichen, das Geschäft erfolgreicher zu führen.


Ekrem Köylüer:Bei UPC Cablecom geht die Marketing-Unterstützung in eine ähnliche Richtung. Abhängig vom Segment machen wir gemeinsam Werbung mit dem Partner, führen zusammen Anlässe durch und veranstalten Schulungen sowie Infoveranstaltungen. Ausserdem überreichen wir den Partnern unsere Produkte, damit Berührungsängste abgebaut werden können. Dies ist beispielsweise bei einer virtuellen PBX oder einer Cloud-Lösung nötig.
Ich möchte das Thema Verkaufsschulung noch einmal aufgreifen. Sehen Sie in diesem Bereich Defizite bei den Partnern?
Marius Gross: Verkauf und Marketing wird bei den Partnern in unterschiedlichen Formen ausgeführt. Ein wesentliches Element ist sicher die persönliche Beziehung im bestehenden Kundenstamm. Jedoch ist jeder Partner auch immer daran interessiert, neue Kunden zu gewinnen. Hier braucht es nebst den guten etablierten Beziehungen, welche die Partner bereits haben, auch gewisse Verkaufs-Fähigkeiten, um neue Kunden zu akquirieren. Hier haben wir Partner, welche mit dem Wunsch auf uns zukommen, sich in diesem Punkt weiterzuentwickeln. Die Bereitschaft und Motivation des Partners ist hierbei entscheidend.

Ekrem Köylüer: Verkaufsschulung bei Partnern war bei uns bis anhin kein Thema, doch ich finde den Ansatz interessant.


Roberto Amato: Auch wir machen in diesem Bereich bis anhin nichts.
Wohin soll die Reise bezüglich der Anzahl Partner in diesem Jahr gehen?
Ekrem Köylüer: Hier gehen die Meinungen bei uns auseinander – soll man die Quantität der Partner ausbauen, oder legt man den Fokus auf Qualität? Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass man versuchen sollte, bestehende Partner weiter zu entwickeln. Die Quantität der Partner alleine ist sicher nicht der richtige Weg.
Marius Gross: Dass es die Masse alleine nicht ausmacht, denke ich auch. Bei uns ist die Lösungs- und Servicekompetenz im Channel in diesem Jahr und darüber hinaus ein grosses Thema.


Roberto Amato: Unser Ziel 2011 und 2012 habe ich bereits erwähnt, wir streben 100 Partner an. Die Masse ist hierbei nicht das Problem; unser Ziel ist ein Partnerkanal, der eng mit uns zusammenarbeitet. Daneben geht es uns vor allem auch darum, beim Marktanteil zuzulegen. Auch im Bereich der regionalen Präsenz können und werden wir noch einiges machen. In diesem Bereich suchen wir ebenfalls Partnerschaften.
Abschliessend: Wie ist eigentlich das Verhältnis untereinander, unter den drei grossen Providern und unter Ihnen persönlich?
Marius Gross: Ich spüre aus diesem Gespräch heraus, dass wir alle die gleichen Herausforderungen haben. Unser aller Ziel ist es, uns für den Partner so attraktiv zu präsentieren, damit wir ihn für uns gewinnen können. Gerade bei den Integratoren und ISVs ist noch ein Feld vorhanden, das bislang von den Providern noch nicht so stark bearbeitet wurde, und deshalb werden wir uns sicher noch einige Male am Markt treffen – um es einmal so auszu­drücken.

Ekrem Köylüer: Ich habe das Gefühl, dass das Verhältnis von Respekt geprägt ist. Sicher gibt es Mitarbeitende, die eine gewisse Antipathie gegenüber gewissen Konkurrenten hegen – das ist menschlich. Aber ich glaube, dass es sich niemand leisten kann, Energie dafür aufzuwenden, sich auf die Konkurrenz zu konzentrieren. Wir bringen unsere Energie dafür auf, dass sich der Partner oder der Kunde für uns und nicht für die anderen entscheidet.
Roberto Amato: Ich treffe mich immer wieder mit Swisscom- und Cablecom-Leuten, und wir merken dabei oft, dass alle mit mehr oder weniger denselben Herausforderungen kämpfen. Und man darf nicht vergessen: Oft arbeiten wir in irgendeiner Form zusammen, insofern brauchen wir einander letztlich auch.


Ekrem Köylüer: Genau, denn der Wettbewerb macht unseren Job abwechslungsreich. Dank der Konkurrenz gibt es immer wieder neue Herausforderungen, und am Schluss profitiert immer der Kunde.
Marius Gross: Auch ich teile diese Meinung: Der Wettbewerb ist belebend, und die Kunden sollen diese Vorteile nutzen können.

Gibt es sonst noch etwas, dass Sie Ihren Partnern auf diesem Weg mitgeben wollen?
Marius Gross: Wir freuen uns gemeinsam
mit unseren Partnern auf eine spannende Zukunft und ich hoffe, dass wir diese Zukunft gemeinsam mit den Partnern positiv gestalten können.

Roberto Amato: Wir versprechen unseren Partnern hohe Servicequalität, persönliche Betreuung und hohe Flexibilität. Und der entscheidende Punkt ist: Wir setzen auf Loyalität und streben langfristige Partnerschaften an.


Ekrem Köylüer: Unsere Partner dürfen auch künftig dieselbe Flexibilität erwarten, die sie bereits bisher von uns kennen. Wir werden auch weiterhin mit innovativen Produkten und Dienstleistungen unsere Partner überzeugen.

Der Telekom-Roundtable wurde moderiert durch Marcel Wüthrich, Chefredaktor von «Swiss IT Reseller».


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