Channel Insight: Digitale Souveränität
Quelle: Lancom

Channel Insight: Digitale Souveränität

von Andrej Massaro, Lancom Systems

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2023/12

     

Seit einiger Zeit ist in Politik und Wirtschaft immer häufiger die Rede von digitaler Souveränität. Gemeint ist die Fähigkeit, in einer immer stärker vernetzten Welt selbstbestimmt handeln und entscheiden zu können. Für Unternehmen, Staat und Verwaltung geht es darum, die Kontrolle über die eigene digitale Infrastruktur und die hier verarbeiteten Daten zu behalten. Zum einen, um sie vor Manipulation und unautorisiertem Zugriff zu schützen, zum anderen, um den Geschäftsbetrieb und die Erbringung von Dienstleistungen zuverlässig sicherzustellen. Denkt man beispielsweise an Services im Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge wie die Strom- und Wasserversorgung oder die Erreichbarkeit von Polizei und Rettungsdiensten, wird schnell klar, dass digitale Infrastruktur inzwischen längst auch kritische Infrastruktur ist. Störungen, Ausfälle oder das Lahmlegen durch einen Cyberangriff können verheerende Folgen für die Versorgungssicherheit haben und den Staat buchstäblich handlungsunfähig machen.


Vor allem öffentliche Auftraggeber denken deshalb laut über digitale Souveränität nach, wenn es um die Beschaffung von IT-Infrastruktur geht. Doch auch bei Unternehmen stösst das Thema auf wachsendes Interesse. Geopolitische Krisen, globale Lieferengpässe, aber auch Compliance-Fragen und regulatorische Vorgaben wie das revidierte Datenschutzgesetz rücken die Notwendigkeit einer vertrauenswürdigen IT-Infrastruktur, die nicht Gefahr läuft, kompromittiert zu werden oder ins Visier geopolitischer Interessen zu geraten, in den Fokus. Dabei geht es keinesfalls um Abschottung, sondern darum, ein Verständnis dafür zu entwickeln, wo digitale Abhängigkeiten zu einem potenziellen Risiko für die eigene Handlungsfähigkeit und Datenhoheit werden können.

Auch im Channel ein Thema

Das zunehmende Bewusstsein auf Kundenseite schlägt sich auch im Channel nieder. Besonders im Zusammenhang mit Cloud-Lösungen gewinnt die Frage, wo diese entwickelt und gehostet werden, für Fachhändler, MSPs und VADs immer stärker an Bedeutung. Mit der zunehmenden Verlagerung von Netzwerkmanagement und Netzwerksicherheit in die Cloud bieten sich Channel-Partnern neue Verdienstmöglichkeiten jenseits des klassischen Box-Geschäfts. Gleichzeitig werden Datenschutz und Compliance bei der Wahl der passenden Cloud-Lösung zu Schlüsselfaktoren. Unternehmen und damit auch die von ihnen beauftragten IT-Dienstleister müssen per Gesetz Sorge dafür tragen, dass die von ihnen verarbeiteten Kundendaten vor dem Zugriff durch Dritte geschützt sind. Im Fall von Cloud-Lösungen verlassen Daten das lokale Netz und damit potenziell auch den hiesigen Rechtsraum. Bei Lösungen aus Nicht-EU-Ländern besteht die Gefahr, dass ausländische Sicherheitsbehörden entgegen den Bestimmungen des revDSG auf Daten von Schweizer Bürgerinnen und Bürgern zugreifen können – selbst dann, wenn diese auf Servern in der Schweiz liegen. Vertraulichkeit und Datenhoheit sind dann nicht mehr gegeben und datenverarbeitenden Unternehmen drohen scharfe Sanktionen. In letzter Konsequenz kann die Geschäftsführung persönlich für Verstösse gegen das revDSG haftbar gemacht werden.


Um ihre digitale Souveränität zu stärken, sind Unternehmen und Behörden gut beraten, sich einen Überblick zu verschaffen, was für Lösungen sie im Einsatz haben und wo kritische Abhängigkeiten oder datenschutzrechtliche Risiken bestehen. Um diese abzubauen, lohnt nicht zuletzt ein Blick auf einheimische oder europäische Alternativen. Für Channel-Partner haben diese den Vorteil, dass sie das Geschäftspotenzial der Cloud als Treiber von As-a-Service-Modellen für sich nutzen können und gleichzeitig dem wachsenden Bedürfnis ihrer Kunden nach digitaler Unabhängigkeit angesichts globaler Risikofaktoren und steigender Compliance-Anforderungen nachkommen.

Andrej Massaro

Andrej Massaro ist Country Manager Schweiz beim Netzwerkspezialisten Lancom Systems. Er blickt zurück auf eine über 30-jährige Vertriebskarriere in der Schweizer IT- und ­Security-Branche. Mit seinen Backdoor-freien, in Deutschland ent­wickelten und gehosteten Netzwerk- und Security-Lösungen steht Lancom für mehr als 20 Jahre digital souveräne Vernetzung in Wirtschaft, Handel und Verwaltung.


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